Rimpfischhorn 4199m, Normalweg über Westflanke (WS+, 2)

Unser heutiges Ziel war das Rimpfischhorn, welches mit 4199m unser erster 4000er in diesem Urlaub werden sollte. Auf der Hütte hatten wir den Kellner gefragt, um welche Uhrzeit man denn normalerweise zum Berg losgehen würde. Er meinte, die Leute würden um 3:00 Uhr aufstehen, frühstücken und um 3:30 Uhr losgehen. Insgesamt sollten es mit uns drei Seilschaften sein, die zum Berg gingen. Wir hatten uns im Speisesaal die Grüppchen schon einmal angesehen und rätselten nun, wer denn die anderen Bergsteiger seien. Eine Gruppe identifizierten wir an ihrem Bergführer, bei der zweiten Gruppe waren wir uns nicht sicher.

Der Wecker klingelte um 2:45 Uhr und als ich ihn im Dunklen ertasten wollte, war er schon weg. Chuck war schon vorher wach und versuchte nun, den Wecker auszustellen. Wir standen aus den tiefen, weichen Betten auf und zogen uns an. Vor dem Frühstücksraum standen vier Rucksäcke, in der Küche frühstückten zwei Bergführer, eine Frau probierte ihre Steigeisen im Flur an und der Frühstücksraum war leer. Anscheinend hatten die anderen vor uns gefrühstückt, oder auf ihr Frühstück verzichtet. Wir sahen eine Seilschaft am Fenster vorbeilaufen, als wir frühstückten. Wir waren also die letzten. Die letzte von drei Gruppen zu sein, machte uns keine großen Sorgen. Am Berg selber gab es nur zum Ende etwas schwierigere Stellen, an denen es sich stauen könnte. Allerdings sind Führerseilschaften generell sehr schnell und wir hatten nicht zu befürchten, aufzulaufen.


Wir starteten um 3:27 Uhr von der Hütte. Der erste Abschnitt unserer Tour folgte im Dunkeln einem Wanderweg, der gut ausgetreten und teilweise sogar beschildert war. Erstes Etappenziel war die Pfulwe, ein Felsklotz, der als eigenständiger Gipfel mit 3300m vor dem Längfluegletscher liegt. Der Wanderweg endete kurz vor der Pfulwe und wir mussten uns durch eher unwegsames Geröll auf den Klotz hinaufkämpfen. Wir erreichen den Gipfel der Pfulwe nach knapp 2h von der Hütte. Hier legten wir unsere Stöcke ab und begannen mit dem Abstieg auf einem kleinen steilem Pfad, der zu Fixseilen führte, an denen wir uns in eine Scharte hinabhangelten.


Am Ende der Fixseile wartete Geröll auf uns, in dem wir noch ein bisschen weiter in das Längfluejoch abstiegen. Aus dem Joch führten Wegspuren und Steinmänner den gegenüberliegenden Hang hinauf. Es folgte eine Reihe von flachen Aufschwüngen in Geröll und über rötliche Felsplatten. Der Weg war nicht immer gut zu finden und ein paar Mal mussten wir anhalten, Ausschau halten und uns beraten, wo es wohl langginge. Nach ca. zwei Stunden Wegsuche im Geröll, Felsen und kleinen Firnfeldern, erreichten wir den Gletscher auf 3430m. Es waren hier immer noch einige Höhenmeter zwischen uns und dem Gipfel. Die Tour begann sich ein bisschen zu ziehen. Allerdings wurde es durch das abwechslungsreiche Gelände nie langweilig.


Der Gletscher führte uns zu einem ersten technischen Felsaufschwung, den wir erklettern mussten. Wir zogen die Steigeisen aus und packten das Seil ein, da die Kletterschwierigkeiten im zweiten Grad sein sollten. Wir schätzen diesen von weit sichtbaren Felsaufschwung über dem Gletscher auf eine Länge von 200 Höhenmeter, die man anfangs in der Flanke und später auch oft an einem Grad klettert. Im oberen Teil des Felsaufschwungs erwartete uns noch eine längere Firnpassage im Fels. Der Firn war ziemlich hart, da unser gesamter Aufstieg über die Westflanke verlief und wir so noch keine Sonne hatten. Wir legten die Steigeisen an und gingen die letzten Höhenmeter, um auf ca. 4000m aus dem Fels auszusteigen. Wir erreichten das Ende der Felsen und wenig später den Rimpfischsattel um 8:40 Uhr. Um diese Zeit sahen wir auch die erste Seilschaft auf dem kurzen Verbindungsgrat zwischen Vorgipfel und Gipfel.


Hier oben sollten die eigentlichen Schwierigkeiten der Tour beginnen. Der erste Abschnitt nach dem Rimpfischsattel ist ein Firncouloir, welches in sehr guten Verhältnissen war. Der Firn war fest und es gab eine gute Spur. Dennoch spürten wir zum Ende des kurzen Couloirs deutlich unsere Waden. Wenn der Firn steiler und fester wird, schlägt man die Fußspitzen mit den Frontalzacken der Steigeisen in den Firn und belastet hauptsächlich den Vorderfuß, sodass die Waden beansprucht werden, um Spannung zu halten. Aus dem Firncouloir stiegen wir ohne Probleme nach links in den felsigen Teil des Gipfelaufschwungs. Wir packten das Seil aus und sicherten uns beim gemeinsamen Gehen am Seil. Der jeweilige Vorsteigende fand einige Sicherungsschlingen und Stangen vor, welche wir als Zwischensicherungen verwendeten. Im Felsteil kamen uns auch beide Führerseilschaften entgegen, welche nun schon auf dem Abstieg waren.


Am Vorgipfel, stiegen wir aus dem steileren Fels aus und wurden von einem eisigen Wind empfangen.


Die Querung unterhalb des Vorgipfels über den kurzen Grat zum Gipfel dauerte nur noch fünf Minuten und so waren wir ca. eine Stunde nach dem Rimpfischsattel auf dem 4199m hohen Gipfel. Der komplette Aufstieg von der Hütte hatte etwas mehr als 6 Stunden gedauert.


Der eisige Wind kühlte uns ganz schön aus, obwohl wir nun auch die Sonnenstrahlen erreicht hatten. Wir zogen uns nach kurzem Aufenthalt auf dem Gipfel zum Vorgipfel zurück und zogen unsere Regenjacken an, um den Wind ein bisschen abzuhalten. Für den Abstieg im Fels entschieden wir uns den Großteil des Gipfelaufschwungs abzuseilen. Wir hatten auf dem Aufstieg viele Stangen und Schlingen gefunden, an denen wir uns nun über den Fels abseilten. Der Firn im Couloir war immer noch gut und wir stiegen mit dem Seil im Rucksack zum Sattel ab.


Der lange erste Felsriegel zog sich auch im Abstieg ziemlich hin. Wir zogen die Steigeisen aus, um besser abklettern zu können. Ziemlich am Ende des Abstiegs im Fels kamen wir zu einer steilen Stelle, die wir vom Aufstieg noch in Erinnerung hatten. Wir suchten nach einer Möglichkeit abzuseilen, fanden aber keine. Es boten sich auch keine guten Blöcke an, um eine Abseilstelle einzurichten. Wir fanden eine Spur, die zur rechten Seite in den Firn auswich. Der Firn war steil, noch sehr hart und auch teilweise von Fels durchsetzt, sodass wir abermals die Steigeisen anlegen und die Pickel herausholen mussten. Wenig später erreichten wir über Fels wieder den Gletscher. Wir gingen zu einer nahe gelegenen Felsinsel und machten auf ca. 3650m um 12:00 Uhr mitten auf dem Gletscher noch eine kleine Pause.


Vom Aufstieg hatten wir noch die vielen verschiedenen Passagen der Tour in Erinnerung, die sich nun noch einmal ziemlich hinzogen. Wir waren nun schon mehr als 8 Stunden auf den Beinen und die Höhenmeter wollten nicht so schnell fallen, wie unsere Beine müde wurden.


Abermals ging es nach dem Gletscher durch die roten Platten und durch Geröll mit kleinen Firnfeldern zur Scharte unterhalb der Pfulwe. Hier fanden wir bald die Fixseile, an denen wir am Morgen abgestiegen waren. Nun ging es in die andere Richtung. An der ein oder anderen steilen Stelle waren die Seile sehr hilfreich, brachten uns aber ganz schön zum Pumpen.


 Den flachen Gipfel der Pfulwe, auf dem wir unsere Stöcke deponiert hatten, erreichten wir um 13:50 Uhr. Hier waren wir immer noch knapp 700 Höhenmeter über der Hütte.


Wieder ohne guten Weg stolperten wir vom Gipfel der Pfulwe hinunter zum markierten Wanderweg. Im Hellen erkannten wir deutlich mehr von unserer Umgebung als morgens im Licht der Stirnlampen. Der erste Teil des Abstiegs führte uns durch ziemlich blockiges Geröll und war auch teilweise recht steil, sodass unsere Knie darum baten, unsere Schritte ein wenig durch die Stöcke abzufedern. Endlich erreichten wir die flacheren Wiesen zur Hütte. Um 15:17 Uhr und somit fast 12 Stunden nach Start der Tour erreichten wir die Sonnenterrasse der Hütte.

Beim Packen unserer Rucksäcke für den Abstieg nach Zermatt beschlossen wir, die nicht unerhebliche Investition unseres letzten Geldes von 60 Franken, um den Abstieg zu erleichtern. Auf einem breiten Weg wackelten wir leicht ansteigend 40 Minuten zur Seilbahnstation Blauherd, an der wir uns einen bequemen Abstieg per Gondel und Zug erkauften. Die Bahnstation in Zermatt war weniger als 10 Minuten von der Parkgarage des Taxi Rocky entfernt, welches uns wie am Tag zuvor ausgemacht wieder zu unserem Auto brachte. Um 17:15 Uhr nahmen wir das Auto wieder in Besitz und machten uns auf den Weg zu einer neuen Unterkunft nach Azere.

Kommentare

  1. Ich wünsche euch noch eine ganz tolle Zeit!!!

    Viele Grüße :-)

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